Alte Römer, warme Sonne und liebe Menschen
Das 13. Usertreffen war ein voller Erfolg – Zwei hochinteressante Vorträge
Sommer, Sonnenschein, kühle Getränke, lecker Essen, antike Kultur und neue Erkenntnisse, liebe Freunde und alte Bekannte, ein gemütliches Zuhause und grüne Umgebung, oder ganz kurz – Usertreffen in Trier.
Irgendwie haben wohl alle geahnt, dass Marianne und Frank ein Glücksgriff waren, denn es sind nicht nur fast 50 Teilnehmer gekommen, viele hängten auch noch Urlaubstage dran, vorher oder hinterher. So war denn schon am Donnerstagabend im Hotelgarten lebhaftes Wiedersehen angesagt. Bei Moselwein und Teerdisch aus der regionalen Küche wurde Erinnerungen ausgetauscht und neue Gäste sofort integriert.
Am Freitag den 13. begann dann offiziell das 13. Usertreffen. Und wer meinte, dass die 13 eine Unglückzahl sei, der wurde umgehend eines Besseren belehrt. Während die einen die Gegend erkundeten, etwa den Panorama-Blick auf die Moselschleife oder die liebenswerten Winzerdörfer an der Mosel, trafen nach und nach immer mehr Gäste ein. Diese wurden nicht nur von einem bunten Empfangsschild begrüßt, auch Marianne und Frank waren stets vor Ort, verteilten kleine Namensschildchen und gaben Informationen aus. Dazu eine sehr nette Begrüßung an der Rezeption, tolle Zimmer mit allem drum und dran und zum Abschluss des ersten Tages ein Grillbuffet vom Feinsten, da waren alle schon mal in der besten Stimmung.
Am Samstagmorgen ein perfekter Tagesbeginn am Frühstücksbuffet und dann in die Arme einer echten Römerin in Toga, die uns standesgemäß mit „Salvete“ begrüßte, übersetzt hieß ihre (etwas längere lateinische) Grußformel: „Seid gegrüßt ehrwürdige Herren und liebreizende Damen“. Während der Busfahrer sowohl bergauf als auch bergab und besonders in den engen Kehren der Serpentinen sein Können bewies, versetzten wir uns mit der Römerin 2000 Jahre zurück, als die die Römer „Augusta Treverorum“ errichteten und zu einer Weltstadt ausgebauten. Unter Konstantin dem Großen erblühte die Stadt im 4. Jahrhundert ganz besonders, es entstanden viele der heute noch erhaltenen Paläste und Prunkbauten. Aber wir wollten ja nicht nur aus dem Busfenster schauen, deshalb stiegen wir aus, ließen uns die Porto Nigra und den Dom aus nächster Nähe erklären. Bei diesem Spaziergang mitten durch das moderne pulsierende Trier wurde trotzdem das glänzende Treverorum der Antike wieder lebendig, das nach den Römern auch als Sitz der Bischöfe und Kurfürsten mächtig blieb.
Die Schattenseiten jener Zeit erzählte das Schauspiel „Der Teufel in Trier“, das uns vom Frankenturm durch die Altstadt und wieder zurück führte. Das Stück spielte im mystischen Mittelalter, als der Teufel in Trier nach den Seelen der Gläubigen trachtete. Da flossen historische Gegebenheiten wie die Unterdrückung der Juden durch die Christen und die Anekdoten um den Dombau ebenso mit ein wie die Geschichten um besessene Hexen. In der Nebenrolle als Bischöfin wies „mogline“ den Teufel in die Schranken, den Hexenbesen ignorierte „cesar“ ganz locker, bei „Steff“ war es nicht so klar, sie wich dem Hexenprüfer aus und der rief „Schnell hinsetzen“. Bei allem Witz dieser Aufführung blieb doch das dunkle Bild einer schrecklichen Zeit im Gedächtnis zurück.
Zum Entspannen nach diesem anstrengenden historischen Exkurs ließen wir uns auf der „lieblichen Mosella“, wie es die römische Stadtführerin genannt hatte, etwas träge dahingleiten, bevor es zurück ging zum Hotel, wo auch das obligatorische Gruppenfoto entstand.
Am Abend wurde es dann richtig spannend, denn Prof. Dr. Dag Moskopp, Neurochirurg aus Berlin referierte über den Hirntod. Ein ebenso schwieriges wie emotionales Thema, für das der Referent mit Musik eine gute Einstimmung bot. „Zum Hirntod – Erfahrungen und Recherchen bis an die Schnittstelle zur Organspende“ war sein Thema. Historisch gesehen entwickelten sich Transplantationsmedizin und Hirntoddiagnostik völlig unabhängig voneinander, erst seit 1968 sind sie verknüpft. Das war vielen Zuhörern ebenso neu wie die Erkenntnis, dass ein hirntoter Mensch innerhalb von zehn Tagen stirbt, weil selbst die moderne Apparatemedizin einen Menschen ohne Gehirn nicht beliebig „am Leben“ halten kann. Die Anführungszeichen zeigen ein weiteres Dilemma auf, das sich mit dem Fortschreiten der Intensivmedizin entwickelt hat. Erst hier ist es ja überhaupt möglich, biologische Körperfunktionen noch zu erhalten, wenn das Gehirn nicht mehr mitarbeiten kann.
Diagnostisch geht es um eine vorher unbekannte Form menschlichen Lebens auf der Intensivstation: bewusstlos, beatmet (keine Eigenatmung mehr), weite starre Pupillen, warm, rosig, mit Herzschlag und normalem Blutdruck, aber eben ohne jegliche Gehirnfunktion mit Ausfall von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm, unbehebbar, vollständig, zweifelsfrei und unwiederbringlich. Diesen Zustand müssen zwei Ärzte, die fachkompetent sind, unabhängig voneinander und unabhängig vom Transplantationsteam feststellen. Sie müssen die entsprechenden Untersuchungsprotokolle und Befunde mit ihrer Unterschrift bestätigen. Dann und nur dann spricht man (seit dem 9 April 1982) vom Hirntod. Diese Diagnose ist Voraussetzung für mögliche Transplantationen, erst wenn sie vorliegt, kann das Procedere der Organentnahmen beginnen.
Ganz deutlich vom Hirntod unterschied Prof. Moskopp andere schwere Erkrankungen des Gehirns. Auch Zustände wie das Wachkoma haben nichts mit dem Hirntod zu tun, denn in diesen Fällen wird das Gehirn weiterhin versorgt. In allen bekannten Fällen, so Prof. Moskopp, in denen von Erwachen nach Jahren die Rede ist und die gerne als Argumente gegen die Hirntoddiagnostik verwandt werden, lag eben gerade kein Hirntod vor!
Außerdem kommt dieser Diagnose auch außerhalb der Transplantationsmedizin Bedeutung zu, insbesondere bei der Betreuung solcher Menschen auf der Intensivstation. Hier begann sogar die Geschichte dieser Diagnose, denn es waren die Schwestern und Pfleger, die bemerkten, dass sie eigentlich nur noch einen „toten“ Körper pflegten.
Prof. Moskopp gelang es eindrucksvoll, diese Problematik umfassend und trotz der Komplexität verständlich darzustellen, das aufmerksame Publikum und der lange Beifall waren der beste Beweis dafür.
Traditionell gehörte der Samstagabend dann dem gemeinsamen Gespräch, dem Wiedersehen und Kennenlernen, der Diskussion über Gott und die Welt, natürlich auch über Dialyse und Transplantation, neue Erfahrungen und Erlebnisse, Meinungen und Informationen. Nicht zu vergessen das herzliche Dankeschön an unsere Gastgeber, Marianne und Frank, die dafür begeisterten Applaus ernteten. Schließlich – auch das gehört zum Ritual jedes Usertreffens – wurde der Treffpunkt des nächsten Jahres gesucht und gefunden! Hemago lädt uns in seine badische Heimat ein, wohin genau und wann, das wird auf DO zu lesen sein.
Herbert Mayer, seines Zeichens Vorsitzender des Nierenpatienten-online e.V., war es auch, der die Gelegenheit wahrnahm, allen Spendern, besonders dem AOK Bundesverband, ausdrücklich zu danken. Ohne deren finanzielle Unterstützung wäre die Teilnahme an diesem Treffen für viele Betroffene nicht möglich gewesen. Ebenso galt Herberts Dank Marianne und Frank, die eine perfekte Organisation hingelegt hatten.
Am Sonntag stand nach dem Frühstück ein weiterer Vortrag im Programm, Dr. Wagner ging auf den „Fettstoffwechsel nach Nierentransplantation“ ein. Dazu stellte er zunächst die Wirkmechanismen im Körper fest und erklärte, wie das Fett im Blut schwimmt. Denn da muss es schwimmen, weil Fett als Energiequelle für den Körper unverzichtbar ist. Etwa Muskeln und Gehirn brauchen es dringend als Energie, es muss also in die Zellen kommen und soll sich eben nicht an der Gefäßwand anlagern. In dieses ohnehin nicht einfache System greifen nun Erkrankungen wie das nephrotische Sydrom, aber auch Diabetes sowie falsche Ernährung oder Rauchen ein sowie die Medikamente, die für das Überleben des Transplantates aber unverzichtbar sind. So erhöhen vor allem Ciclosporin und Tracrolimus (Sandimmun und Prograf), aber auch Everolimus und Sirolimus (Certican und Rapamune) die Fettstoffwerte.
Auf diese ging Dr. Wagner näher ein, vom Cholesterin bis zu den Trigyceriden. Vor allem dank besserer Medikamente sind die Transplantat-Überlegensraten stark gestiegen, so dass Nebenerkrankungen immer mehr an Bedeutung gewinnen, besonders den kardiovaskulären Problem (also Herz und Kreislauf) gilt das Augenmerk der Ärzte. Um die Fettwerte in den Griff zu bekommen empfahl Dr. Wagner Statine und die Multipille schlechthin, kostenlos und rezeptfrei: Bewegung, Bewegung, Bewegung.
Diese kam dann in die Gruppe, denn tränenreicher Abschied war jetzt angesagt. Aber immer mit dem lachenden Auge – bis zum nächsten Jahr!